Massaker am Turchino-Pass

In der Mitte des Bildes ist erneut das steinerne Kreuz zu sehen, diesmal vom Fuß der langen Steintreppe, die den Hang hinauf dorthin führt.
Das Denkmal für die Opfer des Massakers am Turchino-Pass. © Udo Gümpel

19 Mai 1944 , Turchino-Pass, bei Masone (Genua, Ligurien)

Nach einem Anschlag der Partisanenbrigade GAP auf das ausschließlich von deutschen Soldaten frequentierte Kino “Odeon” in Genua, beschloss das dortige Außenkommando der Sicherheitspolizei und des SD unter der Leitung von Friedrich Engel eine Vergeltungsaktion.

Daraufhin wurden 59 Häftlinge aus dem Gefängnis Marassi in der Nähe des Turchino-Passes erschossen. Ihre Leichen wurden erst nach 1945 exhumiert. Zehn der Opfer konnten bis heute nicht identifiziert werden.

Verantwortliche Einheit

Kriegsmarine

Sicherheitspolizei

Kommando

Außenkommando der Sicherheitspolizei und des SD Genua

Täter

Friedrich Engel und die Männer seines Außenkommandos, zwei Offiziere der Kriegsmarine und die Männer der beiden Erschießungskommandos.

Opfer

59

Untersuchungen und Prozesse

1997-1999: Ermittlungen durch die Militärstaatsanwaltschaft Turin; Prozess ab 1999, Urteil am 15.11.1999; 

2001-2002: Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft Hamburg; Prozess ab 2002, Urteil vom 02.07.2002.

 

Streitkräfte
SD
Sicherheitspolizei

Das Massaker

Die wichtigsten Quellen zur Rekonstruktion der Vergeltungsaktion sind die Aussagen eines Mitarbeiters des Außenkommandos in Genua, des Südtiroler Dolmetschers Giuseppe Nicoletti, aus dem Jahr 1945 und die Aussagen ehemaliger deutscher Matrosen im Rahmen des Hamburger Prozesses 2002. 

Ermittlungen und Prozesse

Auf dem Farbfoto ist ein Ausschnitt der Dreharbeiten für die Dokumentation des Magazins Kontraste zu sehen. Mittig sitzt Friedrich Engel, inzwischen mit weißem Haar, auf einem Stuhl und studiert einige Akten, die er in der Hand hält. Weitere Unterlagen liegen auf seinem Schoß. Am unteren linken Bildrand ist der Bildschirm der Kamera zu erkennen, die Engel filmt.
Am 12. April 2001 wird zur besten Sendezeit in der ARD das Magazin Kontraste ausgestrahlt. Für die Sendung rekonstruierten die Journalisten René Althammer und Udo Gümpel das Massaker am Turchino-Pass und zeigen, wie Friedrich Engel trotz seiner lebenslangen Haftstrafe in Italien unbehelligt in Hamburg lebte. © rbb Red. Kontraste
Die Vergeltungsaktion fiel nach Ansicht der Richter unter das Kriegsgewohnheitsrecht und war daher nicht strafbar. Allerdings hatte der Angeklagte in der Ausführung subjektive Grausamkeit gezeigt, die als Mordmerkmal ausreichte und seine Verurteilung ermöglichte.

Erinnerung

  • Das Denkmal für die Opfer des Massakers. © Udo Gümpel
  • In der Mitte des Bildes steht ein großes steinernes Kreuz am Ende einer Steintreppe in einem nebelverhangenen Wald.
    Das Denkmal für die Opfer des Massakers am Turchino-Pass. © Udo Gümpel
  • Eine Nahaufnahme der Gedenktafel am Fuß des Kreuzes: Dort stehen die Namen aller Opfer mit ihren jeweiligen Geburtsjahren.
    © Udo Gümpel

Quellen

Einige Dokumente der Militärkommandantur 1007 in Genua und des für die Verteidigung der ligurischen Küste zuständigen LXXV. Armeekorps enthalten knappe Hinweise sowohl auf den Angriff als auch auf die Vergeltung. Diese Dokumente werden im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg aufbewahrt.

Die Unterlagen der gegen Engel geführten Prozesse befinden sich beim Militärgericht in Verona und im Archiv der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen (heute Bundesarchiv) in Ludwigsburg.

Auswahl der Bibliografie

Giorgio Gimelli, La Resistenza in Liguria: cronache militari e documenti, Roma, Carocci, 2005.

Brunello Mantelli, Turchino, Passo del, in: Enzo Collotti, Renato Sandri e Frediano Sessi (a cura di), Dizionario della Resistenza, vol. 2, Luoghi, formazioni, protagonisti, Torino, Einaudi, 2001, pp. 399-400.

Ingo von Münch, Geschichte vor Gericht. Der Fall Engel, Hamburg, Ellert und Richter, 2004.

Autor*innenschaft und Übersetzung

Autor: Carlo Gentile

Übersetzt aus dem Italienischen durch: Antonia Frinken

© Projekt "Die Massaker im besetzten Italien (1943–45) in der Erinnerung der Täter“

2023

Text: CC BY NC SA 4.0

Pier Paolo Rivello, Quale giustizia per le vittime dei crimini nazisti? L’eccidio della Benedicta e la strage del Turchino tra Storia e Diritto, Torino, Giappichelli editore, 2002.

Pier Paolo Rivello, Il processo Engel, Recco, Le Mani, 2005.

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