Rom, 25. Juli 1943

Reaktionen auf den Sturz des Faschismus

In Rom und in vielen anderen italienischen Städten löste die Ankündigung des Sturzes des Faschismus am 25. Juli 1943 sofort Begeisterung aus, die sich in spontanen Demonstrationen und Besetzungen von Büros und Zentralen der Organisationen des Regimes äußerte. Die hier gezeigten Bilder wurden am Morgen des 26. Juli von einem Mitglied der PK in Rom aufgenommen und zeugen von der Begeisterung und Erregung des Augenblicks. Wir können den Weg des Fotografen von der Via Veneto zur Piazza Barberini, dann weiter zur Via del Tritone bis zur Via Nazionale verfolgen.

Sein Name war Erwin Bischhaus, 1943 war er 28 Jahre alt. Er war kein Berufsfotograf, sondern ein Redakteur und Journalist, der 1931 als Lehrling in den Zentralverlag der NSDAP eintrat, wo er bis zu seiner Einberufung zum Militärdienst arbeitete. Als Soldat wurde er später akkreditierter Kriegsberichterstatter der Luftwaffe. Er war 1941 in Griechenland und 1942 in Nordafrika und in Tunesien. Er begleitete die Luftwaffe außerdem bei Angriffen auf Malta. In Sizilien blieb er bis 1943. Als Journalist verfasste Bischhaus zahlreiche Artikel und Korrespondenzen für die Presse. Seine Tätigkeit als Fotograf war marginal. Im Herbst 1943 wurde er zum Offizier ernannt und diente mit Fallschirmjägereinheiten an der italienischen Front. Nach dem Krieg kehrte er nach Berlin zurück, wo er seine Arbeit als Journalist fortsetzte.

Auf der Piazza Barberini traf Bischhaus auf die Volksdemonstration, die die Via Quattro Fontane hinunterzog © BArch, Bild 101I-469-1465-10 / Bischhaus

Die Reaktion der Bevölkerung

Das von Bischhaus am Anfang der Via Veneto aufgenommene Foto lässt noch nichts von den historischen Ereignissen ahnen. Der Haute-Couture-Salon der Sorelle Mascetti ist herausgeputzt, die Passanten wirken geschäftig, aber nicht besonders aufgeregt. Die Szene ändert sich auf der Höhe der Via Bissolati (damals Via XXIII Marzo, als die faschistische Partei gegründet wurde). Hier fotografierte Bischhaus ein Schild, das von anonymer Hand unter dem Straßenschild des Gebäudes der Banca Nazionale del Lavoro angebracht wurde und auf dem „Via della Libertà“ steht. Auf dem aus der Ferne aufgenommenen Bild sehen wir auch eine an die Wand gelehnte Leiter und eine kleine Gruppe von Bankangestellten, die das Geschehen beobachten und unschlüssig zu sein scheinen, was zu tun ist.
Das nächste Bild, ebenfalls in der Via Veneto, zeigt erste Spuren von Unordnung. Passanten gehen zwischen Unterlagen, die auf dem Bürgersteig verstreut sind.
Auf der nahe gelegenen Piazza Barberini trifft Bischhaus auf eine Demonstration, die die Via Quattro Fontane hinunter geht und wahrscheinlich von der Piazza del Viminale kommt. Ein mit Demonstranten beladenes Fahrzeug fährt vor, gefolgt von anderen Personen zu Fuß oder auf Fahrrädern. Einige tragen Fahnen oder Plakate, eines zeigt eine große Karte Italiens, wie sie in den Schulen verwendet wurde. Die Demonstranten wirken entspannt. Wir nehmen Begeisterung und Fröhlichkeit in diesem Bild wahr.
Als wir die Via del Tritone weitergehen, kommt Bischhaus an dem Sitz der Zeitung „Il Messaggero“ vorbei, der von den Ordnungskräften besetzt ist. Der Zeitungskiosk unterhalb der Redaktion zeigt Schilder, die die Armee loben. 
Auf einem anderen Foto versuchen einige Passant*innen die Anschläge mit den ersten Befehlender Regierung Badoglio zu lesen: die Verhängung des Kriegszustands für die Stadt Rom und die umgebende Provinz sowie die Eingliederung der faschistischen Miliz in das Königliche Heer.
In der Via Nazionale schließlich, auf der Höhe der Via Genova, sieht man brennende Dokumente auf der Straße, die vielleicht aus dem Hauptquartier einer Organisation des ehemaligen Regimesoder aus der Kaserne der faschistischen Miliz stammen, die am Abend des 25. Juli das Feuer auf einige Demonstranten eröffnet hatte.

  • 26. Juli 1943 in der Via Veneto © BArch, Bild 101I-469-1465-03 / Bischhaus
  • Auf diesem Foto, das in der Via Leonida Bissolati 2 – damals Via XXIII Marzo – an der Ecke zur Via Veneto aufgenommen wurde, hielt Bischhaus inne, um das handgeschriebene Schild an der Wand des Gebäudes der Banca Nazionale del Lavoro festzuhalten, das die Umbenennung der Straße in „Via della Libertà“ kennzeichnet © BArch, Bild 101I-469-1465-04 / Bischhaus
  • Bedienstete einer Bank schauen sich unschlüssig an, was sie mit dem Schild „Via della Libertà“ machen sollen © BArch, Bild 101I-469-1465-05 / Bischhaus
  • Eine weitere Aufnahme aus der Via Veneto. Auf dem Bürgersteig Spuren von Unordnung, vielleicht die Dokumente aus einem Aktenschrank © BArch, Bild 101I-469-1465-07 / Bischhaus
  • Auf der Piazza Barberini traf Bischhaus auf die Volksdemonstration, die die Via Quattro Fontane hinunter zog © BArch, Bild 101I-469-1465-10 / Bischhaus
  • Auf der Via del Tritone kam Bischhaus an der Redaktion des „Il Messaggero“ vorbei, das von den Ordnungskräften bewacht wurde. Der Zeitungskiosk zeigt Schilder, die die Armee hochleben lassen © BArch, Bild 101I-469-1465-15 / Bischhaus
  • Auf der Via Nazionale lesen römische Bürger*innen die Anordnungen der Regierung Badoglio: die Verhängung des Kriegszustands für die Stadt Rom und die umgebende Provinz und die Eingliederung der faschistischen Miliz in das Königliche Heer © BArch, Bild 101I-469-1465-24 / Bischhaus
  • Via Nazionale, in der Nähe der Via Genova. Verbrannte Papiere auf der Straße. Möglicherweise handelt es sich um Unterlagen aus einer Kaserne der faschistischen Miliz, aus der Milizionäre in der Nacht zuvor das Feuer auf Demonstrant*innen eröffnet hatten © BArch, Bild 101I-469-1465-28 / Bischhaus

Archiv
Bundesarchiv Bildarchive

Fotograf
Erwin Bischhaus (PK Luftflotte 2)

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