Sardinien, Juli 1943
In Erwartung einer alliierten Landung
Im Sommer 1943 gab es auch auf Sardinien eine starke deutsche Militärpräsenz. Die Insel war wie Sizilien ein wichtiger Luftstützpunkt für Operationen im zentralen Mittelmeerraum und wurde stark bombardiert.
Sardinien, das 1943 als mögliches Ziel für eine Landungsoperation der alliierten Truppen in Betracht gezogen wurde, war von Juni bis Mitte September desselben Jahres von 20.000 Wehrmachtssoldaten besetzt, über die nur sehr wenig bekannt ist. Die Besetzung war sehr kurz und beschränkte sich auf den nördlichen Teil der Insel. Vor allem Palau und Santa Teresa di Gallura wurden bis zum 17. September als Stützpunkte für die Weiterleitung von Truppen nach Korsika genutzt. Nach dem 8. September gab es nur wenige Zusammenstöße mit königstreuen italienischen Verbänden, der blutigste ereignete sich Nahe des Marine-Stützpunkts La Maddalena.
Die Begegnung mit der Welt des Mittelmeers
Während des kurzen Aufenthalts der Wehrmacht auf der Insel waren die Beziehungen zwischen den deutschen und italienischen Truppen und der Bevölkerung wenig konfliktreich. Die militärischen Einheiten, die im Frühsommer auf der Insel eintrafen und größtenteils in Lagern und Kasernen untergebracht waren, hatten jedoch mit der Anpassung an die neue Umgebung zu kämpfen, die auf das raue Klima, die Wasserknappheit und die Malaria zurückzuführen waren. Letztere war in der Gegend von Campidano, wo die Truppen zur Abwehr einer möglichen feindlichen Landung konzentriert waren, weit verbreitet. Die in diesem Abschnitt versammelten Fotografien von Robert Büschgens zeigen einige Aspekte des täglichen Lebens der Korrespondenten: Besuche bei den militärischen Einheiten, um Zeitungen zu verteilen, die notwendige Malariaprophylaxe, Momente der Freizeit und der Erholung.
Von Badeanstalten zu Militärgarnisonen
Aus Angst vor einer alliierten Landung an der sardischen Küste wurden einige Strände zu Militärposten. So auch der Poetto-Strand von Cagliari und seine Badeanstalten, das Lido und die Casotti. Im Hintergrund ist das Profil der „Sella del Diavolo“, der Landzunge südlich der Stadt, zu erkennen.
Der Blick auf die Bevölkerung
Für die deutschen Soldaten war Sardinien eine archaische und geheimnisvolle Welt, die sie nur teilweise verstanden. Es gibt zahlreiche Bilder von PK-Fotografen von Szenen aus dem Leben der Zivilbevölkerung. Wie bei der Landschaftsfotografie war auch dieses Interesse durch den „touristischen Blick“ des Fotografen motiviert. Im konkreten Fall der von Robert Büschgens in der Gegend von Campidano aufgenommenen Bilderserie liegt der Schwerpunkt auf der sozioökonomischen Realität der Bauern. Sie werden hier bei der Feldarbeit oder in Momenten der Ruhe gezeigt, während die Familien vor ihren Häusern sitzen.
Robert Büschgens war von Beruf nicht Fotograf, sondern Schriftsteller. Der 1906 geborene Büschgens schrieb 1931 zusammen mit dem bekannteren expressionistischen Schriftsteller Reinhard Goering das Theaterstück „Der Vagabund und das Mädchen”, das einen gewissen Erfolg hatte. Kurz vor Ausbruch des Krieges gehörte er zu den Drehbuchautoren von Eduard von Borsodys antiamerikanischem Propagandafilm „Sensationsprozeß Casilla”.
Seine Bilder drücken keine Distanz zu der porträtierten Landbevölkerung aus, sondern verraten eine gewisse Neugier. Es sind vor allem seine gedruckten Artikel, die seine propagandistischen Absichten verraten. In seinem am 31. Juli 1943 in den „Breisgauer Nachrichten“ veröffentlichten Text mit dem Titel „Ernte auf Sardinien“ schildert er seine Eindrücke von einer ursprünglichen Insel, auf der sich die moderne Technik mit den Kameras der deutschen Kriegsberichterstatter auf gute Art oder mit den Streifzügen amerikanischer Jagdbomber auf tödliche Weise ankündigte. In Wirklichkeit richteten sich die alliierten Luftangriffe auf Sardinien vor allem gegen Militärflugplätze, Häfen und Wehrmachtslager und weniger gegen die Zivilbevölkerung.
Archiv
Bundesarchiv Bildarchiv
Fotograf
Robert Büschgens (PK Luftflotte 2)