Das Schicksal der Deserteure in der Nachkriegszeit

Die Alliierten behandelten die Deserteure in der Regel wie normale Kriegsgefangene. Nur wenigen Privilegierten, insbesondere Intellektuellen, bot sich die Möglichkeit, Propaganda- und Umerziehungsarbeit gegenüber ihren ehemaligen Kameraden zu leisten.

Im Nachkriegsdeutschland fielen die Reaktionen auf Deserteure unterschiedlich aus: In der DDR wurden ihre Entscheidungen als politische Handlungen oder als Ausdruck einer Bewusstwerdung im Gegensatz zum NS-Regime interpretiert. In der Bundesrepublik hingegen wurde die Desertion stigmatisiert; Deserteure galten als Verräter, die ihren Eid gebrochen hatten.

Der Schriftsteller Alfred Andersch, der sich in der Nähe von Rom den Alliierten ergeben hatte, veröffentlichte 1952 die autobiografische Erzählung Die Kirschen der Freiheit, in der er seine persönliche Geschichte und seine Entscheidung zur Desertion schilderte. Dieses Werk war in den frühen Jahren der Bonner Republik stark umstritten. Die Haltung gegenüber Deserteuren änderte sich nur langsam. 1978 musste der baden-württembergische Ministerpräsident Hans Filbinger, der von 1943 bis Kriegsende als Marinerichter tätig gewesen war und mehrere Todesurteile gegen junge Deserteure verhängt hatte, nach einem öffentlichen Aufschrei zurücktreten.

Seit den 1980er Jahren entstanden vor dem Hintergrund der Friedensbewegung verschiedene Initiativen zur Errichtung von Denkmälern für Deserteure. Die daraus resultierende politische Debatte führte 2002 zur Entscheidung des Deutschen Bundestages, die von der Militärjustiz wegen Desertion erlassenen Urteile zu rehabilitieren und aufzuheben. In Köln wurde am 1. September 2009 das Deserteurdenkmal nach einem Entwurf des Schweizer Künstlers Ruedi Baur eingeweiht.

Im Nachkriegsitalien wurde der Beitrag der deutschen Deserteure zum Befreiungskampf weitgehend ignoriert. Nur besonders symbolträchtige Persönlichkeiten wie Rudolf Jacobs erhielten in der unmittelbaren Nachkriegszeit eine offizielle Anerkennung. Größere Aufmerksamkeit erhielten Partisanen sowjetischer Herkunft, insbesondere im Rahmen der Gedenkfeiern der kommunistisch inspirierten Formationen. Erst in jüngster Zeit erfuhren diese Personen und ihre Aktivitäten eine breitere öffentliche Anerkennung. In den letzten Jahren hat auch die Geschichtsschreibung in Deutschland und Italien diesem speziellen Aspekt verstärkt Beachtung geschenkt.

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