Die Resistenza 1943–1945 – Strukturen, Geschichte und Erinnerungskultur
Autor: Milan Spindler
Unter dem Begriff der Resistenza fasst man heute eine Vielzahl unterschiedlicher Formen des Widerstands gegen die deutsche Besatzung und ihre italienischen Verbündeten der faschistischen Italienischen Sozialrepublik (Repubblica Sociale Italiana, RSI), welche mit harten Repressionen reagierten. Die Erscheinungsformen und die Beteiligten unterschieden sich je nach Zeit und Ort. Der Begriff wird häufig mit dem bewaffneten Partisanenkampf in den Jahren 1943 bis 1945 gleichgesetzt und darauf reduziert. Denn nach der Partisanenarmee Titos im Gebiet des späteren Jugoslawiens bildeten die knapp 140.000 offiziell vom Staat anerkannten Männer und Frauen der Resistenza die numerisch zweitstärkste Widerstandsbewegung in Süd- und Westeuropa. Die folgenden Artikel bieten einen Überblick über die vielschichtige Geschichte, die verschiedenen Organisationen und die zentralen Personengruppen der Resistenza. Sie beleuchten auch die Widersprüche und Konflikte, die dieses komplexe Phänomen kennzeichnen. Das Thema bleibt bis heute politisch und historisch kontrovers diskutiert, weshalb eine differenzierte historische Auseinandersetzung relevant ist.
Quellen
Die Heterogenität und regionale Ausdifferenzierung des Phänomens Resistenza findet ihren Widerhall auch in der Quellenlage zu dem Thema. In Italien gibt es zahlreiche lokale und regionale Geschichtsinstitute, die sich mit der nationalen Zeitgeschichte und insbesondere mit dem Widerstand befassen. Zentral hierfür ist das Istituto Nazionale Ferruccio Parri in Mailand, die Zentrale eines Netzwerkes von über sechzig Resistenza-Instituten. Dieses wurde 1949 von Ferruccio Parri gegründet, um das dokumentarische Erbe des Corpo Volontari della Libertà und des Comitato di Liberazione Nazionale Alta Italia zu sammeln, zu bewahren und zu erforschen. Die Archive der Institute umfassen Dokumente und Unterlagen wie zeitgenössische Zeitschriften und Zeitungen.
Darüber hinaus enthalten die Bestände auch die Bildarchive der Partisanenbewegung, zahlreiche für diese Website verwendete Fotografien der verschiedenen zeitlichen Phasen stammen aus den Archiven der Institute. Vor Ort finden sich zudem häufig Sammlungen und Übersichten zur Belletristik, Cinematografie und Musik der Resistenza, meist mit regionalem oder lokalem Bezug. Eine deutschsprachige Übersicht bietet zudem die Website resistenza.de.
Diese Quellen werden durch eine Vielzahl von Memoiren, Autobiografien, Zeitzeugenberichten und aufgezeichneten Vorträgen von ehemaligen Mitgliedern ergänzt. Besonders die Geschichtsinstitute in Nord- und Mittelitalien sind zentrale Anlaufstellen, da sie sowohl eigene Publikationen herausgeben als auch externes Material sammeln, katalogisieren und archivieren. Online finden sich zudem inzwischen einige Videointerviews mit ehemaligen Partisan:innen, wie etwa im Resistance Archive.
In Rom dient die Fondazione Gramsci seit 1950 als dokumentarische Anlaufstelle für die Erforschung des politischen Widerstandes gegen den italienischen Faschismus. Die Sammlung reicht über das politische Denken und Wirken des Namensgebers Antonio Gramsci hinaus und behandelt auch die Geschichte der italienischen Arbeiterbewegung, das Archiv des PCI sowie Nachlässe prominenter Partisanen wie Luchino Visconti. Aufgrund der zentralen Rolle des PCI in der Resistenza finden sich dort nicht nur Unterlagen zum bewaffneten Kampf von 1943 bis 1945, sondern auch zum Widerstand und Exil während des Faschismus vor der deutschen Besatzung.
Viele weitere der im Artikel verwendeten Fotografien stammen aus dem Bestand des United States Army Signal Corps in den National Archives der Vereinigten Staaten. Diese spezialisierten Fernmeldeeinheiten existieren seit 1860 in verschiedenen Funktionen und begleiteten die kämpfenden alliierten Truppen auf ihrem Vormarsch in Italien und stellten unter anderem die kriegswichtige Kommunikationstechnik zur Verfügung. Auf ihrem Höhepunkt im Herbst 1944 umfassten die Signal Corps 350.000 Personen. Sie konzentrierten oft auf das gemeinsame Kampfgeschehen mit den Alliierten, aber auch Versammlungen oder andere alltägliche Situationen wurden dokumentiert. Viele Fotografien von Partisanen und Partisaninnen stammen aus dem Frühjahr 1945, als nördlich des Apennin gemeinsam mit der Resistenza gegen die deutschen Truppen vorgegangen wurde.
Unterlagen in deutschen Archiven ermöglichen einen anderen Blick auf die italienische Widerstandsbewegung. Im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg i. Br. befinden sich zahlreiche Akten zum Vorgehen deutscher Truppen gegen den italienischen Widerstand. Besonders aufschlussreich sind die Unterlagen der Abteilungen Ic innerhalb militärischer Stäbe, die unter anderem mit Aufklärung, Überwachung und der Verfolgung von Widerstandsaktivitäten betraut waren. Ergänzend dazu bietet der Bestand R 70-Italien im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde umfangreiches Material zu Bekämpfungsaktionen durch SS- und Polizeieinheiten, insbesondere im Hinterland der Front in Mittel- und Norditalien. Das deutsche Archivmaterial beleuchtet vor allem die militärische Dimension des Partisanenkriegs – seine politischen und sozialen Aspekte werden hingegen meist nur am Rande erfasst. Mehr Informationen zu diesen Quellen finden sich hier. Darüber hinaus wurden Angehörige des italienischen Widerstands oft in Konzentrationslager deportiert. Die Archive und Bibliotheken beispielsweise der KZ-Gedenkstätten Mauthausen oder Buchenwald enthalten Informationen über die Verfolgung in den Konzentrationslagern.
Bibliografie
Andrea Staid, Arditi del Popolo. Der erste bewaffnete Widerstand gegen den Faschismus in Italien 1921-1922, Bodenburg, Edition AV, 2020.
Istituto per la Storia della Resistenza e della società contemporanea/ CultureLabs (Hrsg.), Banditi e ribelli. Die italienische Resistenza 1943-1945. Katalog zur gleichnamigen Wanderausstellung, Reggio Emilia, o.J.
Bernd Heidenreich et al. (Hrsg.), Besatzung, Widerstand und Erinnerung in Italien 1943 - 1945, Wiesbaden, Hessische Landeszentrale für politische Bildung, 2010.
Gerhard Feldbauer, Die Resistenza. Italien im Zweiten Weltkrieg, Köln, PapyRossa, 2014.
Joachim Staron, Fosse Ardeatine und Marzabotto: Deutsche Kriegsverbrechen und Resistenza, Paderborn, Ferdinand Schöningh Verlag, 2002.
Santo Peli, Geschichte der Resistenza. Antifaschistischer Widerstand in Italien, Wien, Mandelbaum, 2024.
Silvano Longhi, Die Juden und der Widerstand gegen den Faschismus in Italien (1943 - 1945), Münster, LIT, 2010.