Frühjahr 1944: Aufschwung des Widerstands und neue Herausforderungen

Partisan im Apenningebirge südlich von Reggio Emilia im Herbst 1944 © Istoreco Reggio Emilia, 412 Appennino

Autore: Milan Spindler

Im Frühjahr 1944 war die militärische Lage durch die Kämpfe entlang der Gustav-Linie und die Schlacht um Monte Cassino geprägt. Trotz der alliierten Landung in Anzio am 22. Januar 1944, die ursprünglich einen schnellen Durchbruch Richtung Rom ermöglichen sollte, kam die Frontbewegung für mehrere Monate zum Stillstand. Diese Verzögerung erlaubte es den Besatzungstruppen, eine Serie von Durchkämmungsaktionen durchzuführen, die besonders die Partisanengruppen im Alpenraum trafen. Von Ende Dezember 1943 bis Mitte Januar 1944 gelang es deutschen Einheiten, zahlreiche Gruppen zu zerstreuen und deren Aktivitäten erheblich zu verringern, auch wenn eine vollständige regionale Zerschlagung ausblieb. Gleichzeitig versuchten die Besatzungstruppen, durch Gewaltakte gegen Dörfer und vermeintliche Unterstützer:innen der Resistenza die Bevölkerung einzuschüchtern und deren Solidarität zu brechen.

Dass die Partisanenbewegung dennoch wuchs, lag auch an der Schwäche der RSI. Die Regierung unter Benito Mussolini versuchte im Frühjahr 1944 erneut, eine Armee zu rekrutieren. Nach einer ersten Einberufungswelle im Herbst 1943, die auf geringe Resonanz gestoßen war, verschärfte sie im Februar 1944 den Druck: Das Dekret vom 18. Februar drohte Wehrdienstverweigerern mit Erschießung und Repressionen gegen Angehörige, versprach zugleich aber Amnestie für sich ergebende Partisanen. Diese Maßnahmen führten dazu, dass viele junge Männer die schlecht ausgestatteten Kasernen verließen und sich bewaffneten Gruppen anschlossen oder versuchten, sich dem Zugriff der RSI zu entziehen.

Auch das Selbstbild der RSI als „soziale Republik“ verlor zunehmend an Glaubwürdigkeit: Die Versorgung mit Alltagsgütern wie Salz, Zigaretten oder Milch war nicht gesichert. Die zunehmende Armut verstärkte die Unzufriedenheit in der Bevölkerung, selbst unter jenen, die im Faschismus sozialisiert worden waren.

Nach dem entbehrungsreichen Winter 1943/44 mobilisierte die Resistenza neue Kräfte. Trotz anhaltender Engpässe bei Bewaffnung, Ausbildung und Verpflegung wuchs die Zahl der Kämpfenden. Die Beziehungen zur lokalen Bevölkerung blieben mancherorts angespannt, vielerorts aber führten gemeinsame Herkunft, familiäre Bindungen oder gemeinsame Dialekte zu Duldung oder aktiver Unterstützung.

Mit dem alliierten Durchbruch durch die Gustav-Linie ab Mai 1944 wuchs die Hoffnung auf einen weiteren Rückzug der Wehrmacht und eine baldige Befreiung Italiens. Die kampflose Einnahme Roms am 4. Juni 1944 als erster europäischer Hauptstadt war ein symbolischer Erfolg – wurde jedoch schon zwei Tage später durch die Landung in der Normandie überschattet.

Als Anlage zu einem „Bandenbericht“ für den Zeitraum vom 26. Juni bis zum 10. Juli 1944 diente diese Karte vom 14. Juli 1944 der deutschen Militärführung zur Übersicht. Sie verzeichnet Ereignisse der vergangenen Wochen im Zusammenhang mit der Resistenza und kennzeichnet sogenannte „Bandengebiete“ © BArch, Karte aus RH 24_87/98, 0001

Die Wehrmacht konzentrierte sich nun auf den geordneten Rückzug zur Gotenlinie im nördlichen Apennin und auf die militärische Absicherung ihres Rückraums in Mittelitalien. Die systematische Bekämpfung des Widerstands trat dabei zeitweise in den Hintergrund. Stattdessen häuften sich willkürliche Gewaltakte und Repressalien gegen die Zivilbevölkerung, die zunehmend unter Kollektivstrafen und Vergeltungsmaßnahmen zu leiden hatte. In dieser Phase konnten Partisaneneinheiten in mehreren Regionen ihre Kontrolle über das Hinterland festigen, da die schlecht organisierten Truppen der RSI ohne deutsche Unterstützung direkte Konfrontationen meist mieden.

Ein bedeutender politischer Fortschritt war die sogenannte Wende von Salerno im April 1944, bei der die antifaschistischen Parteien der Regierung Badoglio beitraten. Palmiro Togliatti, Generalsekretär des PCI, war zuvor am 27. März aus dem sowjetischen Exil zurückgekehrt und rief auf Anraten Stalins zur Bildung einer Einheitsregierung auf. Dieser Vorschlag fand auch unter den Partisanenkommandanten Zustimmung. Am 22. April traten die meisten Parteien des CLN der Regierung bei. Auch militärisch einigten sich die führenden Kräfte der Resistenza darauf, die Befreiung Italiens von der deutschen Besatzung als vorrangiges Ziel anzusehen – die Entscheidung über die künftige Staatsform sollte nach Kriegsende erfolgen.

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