Sommer 1944: Organisationserfolge, Selbstverwaltung – und neue Bedrohungen

Autor: Milan Spindler

Im Sommer 1944 konzentrierte sich die Wehrmacht auf ihren Rückzug durch die Toskana und auf die neue Front in Frankreich, was den Partisanengruppen in Italien vorübergehend größere Handlungsspielräume verschaffte. Die Alliierten gewannen zunehmend die Lufthoheit und rückten auf der Halbinsel vor, was die Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende im Herbst 1944 nährte. In befreiten Gebieten übernahmen Partisaneneinheiten und das CLN zeitweise die Kontrolle und erprobten Formen lokaler Selbstverwaltung. Die sommerlichen Bedingungen begünstigten zudem den asymmetrischen Kampf im Bergland.

Italienische Partisanen in den Bergen; Ort und Datum sind unbekannt. Vor allem zu Beginn des Widerstands begingen unerfahrene Kämpfer oft den Fehler, sich fotografieren zu lassen. Die Fotos gelangten häufig in die Hände der deutschen Besatzer und erleichterten so die Repression © Archivio INSMLI, A00_204_0004_000_012r

Im Juni 1944 wurde das Comando Generale del Corpo Volontari della Libertà (Generalkommando des Freiwilligenkorps der Freiheit) gegründet – ein wichtiger Schritt zur Zentralisierung und Professionalisierung. Resistenza-Presseerzeugnisse verbreiteten sich zunehmend und halfen bei der Rekrutierung. Die Einführung von Rangabzeichen und Uniformen stärkte die militärische Struktur. Auch die interne Justiz wurde vereinheitlicht, und die Rolle der politischen Kommissare gewann an Bedeutung. Dank der Zusammenarbeit mit den Alliierten verbesserte sich die Versorgungslage: Abwürfe mit Waffen, Lebensmitteln und Medikamenten sowie die Unterstützung durch britische und US-amerikanische Verbindungsoffiziere leisteten einen entscheidenden Beitrag. Die Anerkennung der Partisaneneinheiten als Teil der italienischen Streitkräfte bedeutete eine wichtige politische Aufwertung, ging aber mit der Zusage einher, nach der Befreiung die Waffen niederzulegen und die Macht einer alliierten Militärverwaltung zu übergeben.

Im Frühsommer 1944 war die Präsenz der faschistischen GNR und Carabinieri in den ländlichen Gebieten deutlich geschwächt, viele Posten wurden aufgegeben, und Soldaten wechselten zu den Partisanen. 

Parallel zu den Kämpfen in Mittelitalien konnten Partisanengruppen Gebiete im Alpen- und Apenninraum besetzen. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklungen spiegelte die geringe Unterstützung für die RSI in der Bevölkerung wider. In den befreiten Gebieten wurden lokale Selbstverwaltungsstrukturen mit ersten Wahlen erprobt. 

Trotz dieser Erfolge blieben strukturelle Schwächen: mangelnde Artillerie, begrenzte Munition, wenig erfahrene Kommandanten und unzureichende Logistik erschwerten die Verteidigung. Ab dem Spätsommer reagierten Wehrmacht und SS auf die Ausbreitung der Partisanengebiete mit zunehmender Härte. Nachdem sich die Front im September 1944 entlang der Grünen Linie stabilisiert hatte, verlagerten sie ihre Kräfte gezielt auf die Bekämpfung des Widerstands. Insbesondere die Partisanenrepubliken wie Montefiorino rückten ins Visier. Im Sommer 1944 leitete die Wehrmacht die Operationen Wallenstein I bis III ein, um Partisanenstützpunkte in frontnahen Gebieten auszuschalten – gemeinsam mit der SS und faschistischen Milizen.

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