Repressionen von zwei Seiten

Deutsche Offiziere und Angehörige der faschistischen Repubblica Sociale Italiana – Militärs, Funktionäre und Beamte – bei einer Gedenkveranstaltung in Reggio Emilia, 1943–45 © Istoreco Reggio Emilia, 0470 Foto, album 01

Autor: Milan Spindler

Die Geschichte der Resistenza ist untrennbar mit den Repressionen der Besatzungsmacht und den kollaborierenden faschistischen Institutionen der RSI verbunden. Diese Repressionsmaßnahmen liefen unter dem Begriff der „Bandenbekämpfung“. Der italienische Faschismus hatte bereits in den Kolonialkriegen in Nord- und Ostafrika sowie auf den Feldzügen auf dem Balkan Erfahrungen in der Unterdrückung von Widerstand gesammelt. Ähnliches galt auch für die NS-Militärführung, etwa in der besetzten Sowjetunion oder Griechenland. Wie in diesen Fällen wurden auch in Italien nicht als Kombattanten, sondern als „Banditen“ bezeichnet – eine Zuschreibung, die dazu diente, systematische Repression zu rechtfertigen und der Begehung von Kriegsverbrechen einen Anschein von Legalität zu verleihen.

Ein zentrales Element der Repression war das Prinzip der „Vergeltung“, das sich an einem nicht gesetzlich festgelegten, aber häufig praktizierten sogenannten „Militärbrauch“ orientierte: Bei Anschlägen wurden in der Regel für jeden getöteten deutschen Soldaten zehn Gefangene hingerichtet. Nach dem Bombenanschlag auf das Polizeiregiment Bozen am 23. März 1944 in Rom ließ Herbert Kappler, Chef der Sicherheitspolizei in Rom, als Vergeltung 335 Männer in den Ardeatinischen Höhlen ermorden – darunter politische Gefangene, jüdische Geiseln und willkürlich Festgenommene. Auch beim Massaker am Turchino-Pass am 19. Mai 1944, bei dem als Reaktion auf einen Partisanenangriff auf deutsche Soldaten 59 Zivilisten erschossen wurden, kam dieses Vergeltungsprinzip zur Anwendung.

Gefangene wurden in der Haft gefoltert, hingerichtet oder in deutsche Konzentrationslager deportiert. Ihre Leichen wurden zur Abschreckung öffentlich ausgestellt, wobei es der Zivilbevölkerung unter Strafandrohung verboten war, sie zu bestatten. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Erschießung von 15 Partisanen am 10. August 1944 auf der Piazzale Loreto in Mailand. Auf Befehl des Sicherheitspolizeikommandos unter Theo Saevecke führte die italienische Einheit Legione Autonoma Mobile Ettore Muti die Hinrichtung durch. Die Leichen blieben mehrere Tage lang öffentlich ausgestellt.

Angehörige der faschistischen Miliz verhindern eine Bergung und Beerdigung der Leichen. Die Personen wurden als Angehörige der Resistenza auf Befehl der deutschen Besatzer am 10. Mai 1944 in der Piazzale Loreto in Mailand durch faschistische Milizen ermordet und ihre Leichen zur Schau gestellt © BArch: Bild 101I-480-2240-26 / Fot. Rauchwetter

An der Bekämpfung der Resistenza waren auf deutscher Seite insbesondere die Wehrmacht, die SS und die Sicherheitspolizei beteiligt. Sie gingen sowohl militärisch gegen die Partisanengruppen in den Bergen als auch polizeilich gegen bekannte Personen des Antifaschismus in den Städten vor. Auf Seite der RSI waren neben der Polizei auch faschistische Milizen wie die berüchtigten Brigate Nere sowie militärische Einheiten wie die Decima Flottiglia MAS aktiv, die mit brutalster Gewalt gegen ihre politischen Gegner vorgingen.

Die Massaker der deutschen Truppen an der italienischen Zivilbevölkerung erfolgten meist im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Resistenza. Deren Aktivitäten dienten häufig als Vorwand für rücksichtslose Repressionen, bei denen zahlreiche Zivilistinnen und Zivilisten ihr Leben verloren – sei es durch wahllosen Waffeneinsatz oder durch gezielte Hinrichtungen, weil ihnen die Unterstützung von Partisanen unterstellt wurde. Die beteiligten Einheiten von RSI, SS und Wehrmacht handelten dabei faktisch straffrei, auch wenn Unbeteiligte ermordet wurden. Einen Höhepunkt dieser Gewaltwelle bildete der Sommer 1944.

Nach einer missglückten Brückensprengung durch Partisanen entlang der Staatsstraße 63 von Reggio Emilia nach La Spezia erschießen deutsche Soldaten am 24. Juni 1944 32 Kinder, Frauen und Männer im nahegelegenen Gasthaus Bettola © Istoreco Reggio Emilia, 72 Bettola

Doch diese brutalen „Vergeltungsaktionen“ verfehlten ihr Ziel. Weder in den Städten noch auf dem Land gelang es, die Resistenza zu zerschlagen oder die besetzten Gebiete zu „befrieden“. Im Gegenteil: Die Gewalt trieb immer mehr junge Menschen in den Widerstand. Zugleich verweigerten viele Männer den Dienst in den Sicherheitsbehörden der RSI, die für die Durchführung der Repression verantwortlich waren.

Seitenanfang