Militärdokumente
Die deutschen Militär- sowie SS- und Polizeidienststellen in Italien hielten die Aktivitäten der jeweiligen Truppen in militärischen Dokumenten fest. Diese entstanden in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Geschehnissen selbst und sind daher für die Rekonstruktion des militärischen Kontextes von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig bergen sie eine Reihe von methodischen Problemstellungen. So sind sie nur scheinbar nüchtern und objektiv und spiegeln tatsächlich ausschließlich die Wahrnehmungen der Besatzer und deren Version der Ereignisse wider. So werden Massaker an der Zivilbevölkerung wie in Monte Sole als reguläre Ereignisse des Kriegsalltags dargestellt. Nur durch den Abgleich mit anderen Dokumenten und Zeugenaussagen lässt sich feststellen, was wirklich geschehen ist.
Personenbezogene Unterlagen
Zur Rekonstruktion von Täterbiografien und ihrer Kontexte werden unter anderem deren militärische Personalunterlagen benötigt. Akten von SS-Angehörigen sind im Original im Bundesarchiv und als Mikrofilme in den amerikanischen National Archives in Washington, D.C., erhalten.
Dabei hinterlässt ein hochrangiger Offizier, dessen Karriere vor dem Ersten Weltkrieg begann, in den meisten Fällen mehr dokumentarische Spuren als ein junger Rekrut, der in der Endphase des Zweiten Weltkriegs eingezogen wurde.
Viel schwieriger ist es, das Privatleben der Militärangehörigen zu rekonstruieren. Informationen über die sozialen Verhältnisse der Herkunftsfamilie oder des Ehepartners finden sich in den Personalakten. Weitere Informationen müssen in den Archiven oder Zeitungen der Orte, an denen sie nach dem Krieg lebten, gesucht werden, ein oft langwieriges und schwieriges Unterfangen.
Bundesarchiv-Militärarchiv
Bundesarchiv Lichterfelde
Bundesarchiv-Abteilung PA
Deutsche Akten in Russland
Nach der deutschen Niederlage beschlagnahmte die Rote Armee einen Teil der deutschen Unterlagen und brachte sie nach Russland. Die umfangreichsten Sammlungen dieser so genannten "Kriegsbeute" befinden sich in den verschiedenen Archiven der Russischen Föderation: im Staatsarchiv - GARF, Russisches Staatsarchiv für sozialpolitische Geschichte - RGASPI, Staatliches Militärarchiv der Russischen Föderation - RGVA. Von besonderer Bedeutung für die militärische Dokumentation ist das Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums der Russischen Föderation - CAMO. Seit 2011 läuft ein deutsch-russisches Gemeinschaftsprojekt zur Digitalisierung der in Russland gelagerten deutschen Dokumente. Die rund 28.000 im CAMO gelagerten "Trophäen" werden aktuell vollständig digitalisiert und sind bereits zu einem großen Teil auf der Website German Docs in Russia online zugänglich.
Diese Materialien wurden im Rahmen unseres Projekts systematisch untersucht. Einige der Bestände waren dabei von besonderem Interesse: Die Akten des Generalkommandos des XIV. Panzerkorps mit zahlreichen bis dahin unveröffentlichten Informationen geben Aufschluss zu Massakern und Partisanenbekämpfung im Apennin im August und September 1944. In den Unterlagen der 44. Reichsgrenadier-Division "Hoch- und Deutschmeister" finden sich Hinweise zu den Massakern in Capistrello bei Aquila und Sassoleone bei Bologna. Material zu Einsätzen im Oltrepò Pavese im Winter 1944/45 ist in den Aufzeichnungen der 162. (Turk.) Infanterie-Division enthalten. Die Kriegstagebücher der 65. Infanterie-Division geben Einblicke in die Durchkämmung des Gebiets am Monte Pisano, die der Panzer-Jäger-Abteilung 19 auf Partisanenbekämpfungsaktionen in der Gegend von Sant'Anna di Stazzema Anfang August 1944. Die anderen im Archiv vertretenen Verbände sind die 15. Panzer-Grenadier-Division, die 278. Infanterie-Division, die 356. Infanterie-Division, das Sturm-Bataillon "OB Südwest", Nachschubunterlagen der 10. und 14. Armee, Einheiten des Bau-, Übertragungs- und Gesundheitskorps sowie Pionier-, Nachrichten- und Sanitätseinheiten, insgesamt etwa 250 Dokumentationseinheiten und mehrere tausend Seiten. Die behandelten Gebiete sind die Toskana im Sommer 1944, die Emilia-Romagna im Herbst und Winter 1944/45, der Rückzug durch die Marken im Sommer 1944, die Front von Cassino im April 1944, der Oltrepò Pavese und das Gebiet der Venetischen Voralpen.