* 22 Dezember 1914 –
Charlottenburg, Berlin
† 15 August 2006 –
Scharbeutz (Schleswig-Holstein)
Klaus Konrad diente ab Januar 1944 im Stab des Grenadier-Regiments 274 der 94. Infanterie-Division in Italien. In dieser Rolle war er am Massaker von San Polo beteiligt.
Konrad stammte aus einer bürgerlichen Familie und war Jurist. Er trat 1933 in die SA und 1937 in die NSDAP ein. 1940 wurde er eingezogen und kämpfte in Frankreich und an der Ostfront.
Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelte seit 1967 gegen Konrad, Regimentskommandeur Ewert und andere Offiziere. 1972 wurde das Verfahren eingestellt. Zu dieser Zeit befand sich Konrad auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere als Mitglied der SPD.
Im Oktober 2004 wurde seine Beteiligung am Massaker von San Polo durch die Fernsehsendung Kontraste in der deutschen Öffentlichkeit publik. 2006 eröffnete das Militärgericht in La Spezia ein Verfahren gegen ihn. Er starb jedoch noch im selben Jahr vor Abschluss des Verfahrens.
Frankreich 1940
Ostfront 1941-1942
Besatzung Italiens und Fronteinsatz 1944-1945
Bestätigte Massaker
San Polo
Nachkriegszeit
SPD-Politiker Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Gießen (1967) Freispruch (1972)
Udo Gümpel und Renè Althammer im Gespräch mit Klaus Konrad
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Die ersten Jahre und Studium der Rechtswissenschaften
Klaus Konrad wurde am 22. Dezember 1914 im Berliner Stadtteil Charlottenburg in eine bürgerliche Familie geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Bayern in Bad Kissingen, Coburg und Schweinfurt. Der Vater war Handelsvertreter.
1933 machte Konrad sein Abitur an der Oberrealschule in Schweinfurt. Er studierte Jura in Berlin und legte im Februar 1937 sein erstes Staatsexamen ab. Ein Jahr später wurde er zur Wehrmacht eingezogen und in Spandau und Potsdam militärisch ausgebildet.
Militärischer Werdegang und Einsätze an der Front
1940 nahm er im Infanterie-Regiment 511 der 293. Infanterie-Division am Frankreichfeldzug teil. Im Frühjahr 1941 qualifizierte er sich mit dem zweiten Staatsexamen für das Richteramt. Im folgenden Sommer kehrte er als Unteroffizier zu seinem Regiment zurück. Als Gruppenführer nahm er an Einsätzen im Mittelabschnitt der Ostfront teil und wurde dort im Herbst verwundet. Seinen Genesungsaufenthalt verbrachte Konrad in Deutschland. Im Anschluss daran verzweigte sich seine Laufbahn: Im September 1942 wurde er in den militärischen Verwaltungsdienst des Territorialkommandos der Luftwaffe im ostpreußischen Königsberg berufen. Bis zum 12. Januar 1943 war Konrad außerdem als Sachbearbeiter im Gefangenenlager Wollstein [Stalag XXI C/H Wollstein] tätig. Ab dem 14. Januar besuchte er einen Lehrgang für Reserveoffiziersanwärter und wurde am 1. April 1943 zum Leutnant ernannt. In seiner Stellung in Königsberg erlangte er 1944 den Rang eines Oberstabsintendanten, ohne diese Position jedoch tatsächlich zu bekleiden, da er weiterhin im Feld eingesetzt wurde.
Fronteinsatz in Italien
Anfang Januar 1944 wurde er dem Grenadier-Regiment 274 der 94. Infanterie-Division in Italien als Ordonnanzoffizier zugeteilt. Oberst Wolf Ewert, der Anfang Februar 1944 das Kommando über das Regiment übernahm, beschreibt ihn in seinem Tagebuch wie folgt: “Der Ordz.Offz. war ein sehr intelligenter, wendiger und sprachgewandter Jurist. Er - Oblt. Konrad - machte einen sehr guten Eindruck“. Konrad tat sich bei den Kämpfen im Mai 1944 an der Garigliano-Front hervor und wurde am 1. Juni mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet. Einen Monat später wurde er zum Oberleutnant ernannt.
Im Rahmen von Untersuchungen in der Nachkriegszeit gab Konrad seine Anwesenheit bei den gewaltsamen Verhören der in Molino dei Falchi und Pietramala gefangen genommenen Partisanen und Zivilisten zu. Er bestritt aber jegliche Beteiligung an deren Erschießung.
Beteiligung an den Massakern an der Zivilbevölkerung
Rolle beim Massaker von San Polo
Klaus Konrad und die anderen Offiziere des Regimentsstabs spielten beim Massaker von San Polo eine zentrale Rolle. Im Rahmen von Untersuchungen in der Nachkriegszeit gab Konrad seine Anwesenheit bei den gewaltsamen Verhören der in Molino dei Falchi und Pietramala gefangen genommenen Partisanen und Zivilisten zu. Er bestritt aber jegliche Beteiligung an deren Erschießung.
Konrad blieb bis zum 5. Oktober 1944 beim Grenadier-Regiment 274, dann wurde er zum Grenadier-Regiment 267 derselben Division versetzt. Hier diente er als Adjutant, bis er am 21. April 1945, kurz vor der Befreiung, verwundet wurde.
Nach dem Krieg
Entnazifizierung, beruflicher und politischer Werdegang
Nach dem Krieg ließ sich Konrad im holsteinischen Eutin nieder. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er in den Kategorien 3 bis 5 (leichtere Fälle) eingestuft. 1947 fand er Arbeit als Assistent in einer Anwaltskanzlei. Zwei Jahre später wurde er als Rechtsanwalt zugelassen und 1954 zum Notar ernannt.
Seit 1949 war Konrad Mitglied der SPD. 1950 wurde er in den Vorstand des SPD-Kreisverbandes Eutin gewählt, 1956 zog er als Landrat in die Kreisverwaltung der Stadt ein. Bis 1970 war er Vorsitzender des Kreisverbandes Eutin, ab 1975 des Kreisverbandes Ostholstein.
Ab 1962 war er für sieben Jahre Mitglied des Landtags von Schleswig-Holstein. In dieser Zeit hatte er den Vorsitz verschiedener Ausschüsse inne. Von 1969 bis 1980 war er Mitglied des Deutschen Bundestags. Am 4. April 1981 wurde Klaus Konrad zum Ehrenmitglied des SPD-Kreisvorstandes und am 12. Juni 1993 zum Ehren-Kreisvorsitzenden des SPD-Wahlkreises Ostholstein ernannt.
Ermittlungen und Gerichtsverfahren
Die Staatsanwaltschaft Gießen ermittelte zwischen 1967 und 1972 gegen Klaus Konrad, Wolf Ewert und andere Offiziere des Grenadier-Regiments 274. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Konrad auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass die Tötungen im Zuge des Massakers von San Polo zu zwei verschiedenen Zeitpunkten stattgefunden hatten: Um die Mittagszeit sei es zunächst zu Tötungen in der Villa Mancini, dem Hauptquartier des Regiments, gekommen, bei denen Konrad mutmaßlich anwesend war. Diese Tat wurde als Totschlag eingestuft und konnte daher verjähren. Die Hinrichtungen im Park der nahegelegenen Villa Gigliosi wurden dagegen als Morde anerkannt und waren damit weiterhin strafbar. Die Ermittler waren allerdings der Ansicht, dass bei dieser Tat die direkte Beteiligung eines Offiziers des Regiments nicht nachgewiesen sei. Wer dem Erschießungskommando angehört hatte, sei ungeklärt.
Konrad und seine ehemaligen Kameraden waren dadurch entlastet, das Verfahren wurde 1972 eingestellt. Tatsächlich hatten die ersten Ermittlungen unmittelbar nach dem Massaker aber ergeben, dass sämtliche Erschießungen sowie das Verscharren der Opfer in Gruben am späten Nachmittag im Park der Villa Gigliosi erfolgt waren.
Konrad geriet erst wieder in den Fokus der Justiz, als die Journalisten René Althammer und Udo Gümpel ihn im Rahmen ihrer Recherchen zu den Massakern im besetzten Italien interviewten. Auf die Ausstrahlung des Interviews in der Sendung Kontraste im Oktober 2004 folgte ein Echo in anderen Medien. Infolgedessen trat Konrad von allen Ämtern zurück. Das Militärgericht in La Spezia erhob am 31. Januar 2006 Anklage gegen ihn. Der Landesvorstand der SPD Schleswig-Holstein beschloss daraufhin, die Parteimitgliedschaft von Konrad auszusetzen. Der Prozess wurde am 22. März 2006 eröffnet, allerdings wiederholt unterbrochen und vertagt. Klaus Konrad starb am 15. August 2006 in seinem Haus in Scharbeutz bei Lübeck, ohne jemals verurteilt worden zu sein. Der Prozess vor dem Militärgericht wurde gegen einen zweiten Angeklagten fortgesetzt. Dieser wurde im Februar 2007 freigesprochen. Mit dem Tod von Klaus Konrad endete außerdem das Verfahren der Staatsanwaltschaft Gießen, die 2004 erneut zu ermitteln begonnen hatte.
Ich fand die ganze Angelegenheit denkbar unglücklich. Denn 50 oder 60 Leute zu erschießen ist eine Angelegenheit, die jeden berührt. Nur, da ja also feststand, dass sich dort zugegebenermaßen Partisanen befunden haben. [...] Nur was wollen sie mit 50 oder 60 Leuten machen, die wir ja gar nicht bewachen können, wenn wir sie nicht in einem Raum unter Verschluss haben und von denen wir nicht wissen, was sie tun, wenn wir sie einfach wieder gehen lassen. Das ist auch schlecht möglich. Der Oberst hat entschieden, die müssen erschossen werden. [...]
Quellen
Die Personalakte von Klaus Konrad(PERS 6/151481) kann im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg eingesehen werden.
Die Akte des Entnazifizierungsverfahrens befindet sich im Landesarchiv Schleswig-Holstein in Kiel, Abt. 460.3 Nr. 72.
Weitere Informationen zu Konrad finden sich in den Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Gießen (Hessen): S. 261/04 RNR (San Polo), die in Kopie im Archiv des Territorialen Militärgerichts in Rom aufbewahrt werden.
Carlo Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943-1945, Paderborn, Schöningh, 2012, S. 371f.
Carlo Gentile, Le stragi nazifasciste in Toscana 1943-45. Band 4. Guida archivistica alla memoria. Gli archivi tedeschi, mit einem Vorwort von Enzo Collotti, Rom, Carocci, 2005, S. 99-100.
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