Cervarolo e Civago

Mehrere niedrige Steinhäuser stehen an einer Auffahrt. Eines der Häuser am linken Bildrand hat ein auf dem Dach angebrachtes Kreuz sowie eine Regenbogenflagge mit der Aufschrift Pace an der Hauswand montiert.
Der Bauernhof von Cervarolo. © Elena Pirazzoli

20 März 1944 , Cervarolo, Civago (Region Emilia, Emilia Romagna)

Zwei Tage nach dem Massaker von Monchio setzte die Aufklärungs-Abteilung der Division "Hermann Göring" die Partisanenbekämpfung im Apennin fort und durchquerte dabei das Berggebiet südlich von Reggio Emilia. Zusammen mit der lokalen GNR griffen die Truppen Cervarolo und Civago an. Die verübten Gewalttaten und Morde waren von einer solchen Brutalität, dass sie negative Reaktionen im Stab des  LXXV. Armeekorps hervorriefen. 

Die ersten Ermittlungen begannen in Deutschland Anfang der 2000er Jahre. Die Militärstaatsanwaltschaft Verona sprach 2011 drei lebenslange Haftstrafen aus.

 

Verantwortliche Einheit

Fallschirm-Panzer-Aufklärungs-Abteilung “Hermann Göring”, Gendarmerie-Hauptmannschaft Emilien

Täter

Rittmeister Kurt-Christian von Loeben, unter dem Kommando der   Fallschirm-Panzer-Aufklärungs-Abteilung “Hermann Göring”

Opfer

24 in Cervarolo, vier in Civago

Untersuchungen und Prozesse

2004-2015: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund.

2010-2011: Das Militärgericht von Verona verurteilt den ehemaligen Oberleutnant Fritz Olberg und den ehemaligen Feldwebel Karl Stark jeweils zu lebenslangen Haftstrafen.

2015: Die Urteile werden rechtskräftig.

 

Streitkräfte
Wehrmacht

Die Massaker

Rittmeister von Loeben übergab das Kommando über die Operation an Hauptmann Richard Heimann, der bereits die Truppen in Monchio befehligt hatte. Die Repressalie begann, obwohl bereits klar war, dass die Partisanen das Gebiet aufgegeben hatten. Kampfhandlungen fanden an diesem Tag in großer Entfernung und ohne Verluste auf deutscher Seite statt.
 Das Schwarz-Weiß-Foto zeigt eine Landstraße, die in eine Linkskurve übergeht. Auf beiden Seiten der Straße kommen dem Fotografen mehrere Soldaten entgegen. Sie alle tragen Helme und Uniformen.
Im März 1944 verlegte die Division ”Hermann Göring” ihre Aufklärungs-Abteilung in den Apennin, um gegen Partisanenverbände vorzugehen. © BArch, Bild 101I-477-2106-07 / Freytag
Während die beiden Dörfer von Wachposten der GNR umstellt waren, drangen die deutschen Soldaten in die Häuser ein und trieben die Männer vor einem Bauernhof zusammen. Unter ihnen befand sich auch Don Battista Pigozzi, der als Unterstützer der Partisanen denunziert wurde.

Ermittlungen und Prozesse

  • Die Gedenkstätte im Bauernhof von Cervarolo: Ein niedriges Gebäude aus dunklem Stein mit einem Kreuz auf dem Dach und einer Regenbogenfahne mit der Aufschrift Pace (Frieden) an der Hauswand. Der Raum der Gedenkstätte im Inneren befindet sich hinter einem dekorativen Eisentor.
    Der Bauernhof in Cervarolo. © Elena Pirazzoli
  • Der offene Gedenkraum im Bauernhaus von Cervarolo von vorne: Innen Ein Altar mit Kreuz, davor und darauf Vasen mit Blumen.
    Die Kapelle und die Gedenktafeln für die Opfer von Cervarolo. © Elena Pirazzoli
  • Ein großes graues Haus mit drei Stockwerken und grünen Fensterläden. An der Hauswand rechts von der dunkelbraunen Eingangstür hängt eine Gedenktafel für die Opfer des Massakers von Cervarolo.
    Die Gedenktafeln für die Opfer in Cervarolo. © Elena Pirazzoli
  • Detailaufnahme der weißen Gedenktafel mit den Namen der Opfer.
    © Elena Pirazzoli
  • Hinter Gräbern auf dem Friedhof von Cervarolo steht ein Mausoleum für die Opfer vor der Friedhofsmauer. Es ist ein rechteckiges Gebäude mit leicht spitz zulaufendem Dach, auf dem ein Kreuz angebracht ist. Vor der eisernen Eingangstür befindet sich ein kleiner Säulengang. Im Giebel des Daches die Inschrift: Den Opfern des 20. März 1944.
    Das Beinhaus auf dem Friedhof von Cervarolo © Elena Pirazzoli
  • Ein weißer Grabstein mit einer betenden Frau steht unter einem grauen gewölbten Dach. Vor dem Grabstein stehen Blumen in einer Vase.
    Die Grabstätte von Don Pigozzi auf dem Friedhof von Cervarolo. © Elena Pirazzoli
  • Auf einem weißen Sockel steht ein großer, nach vorne geneigter Block, auf dem eine Swastika angebracht ist. Eine davor stehende Figur zerschlägt diese mit der Faust.
    Das Denkmal für ausländische Partisanen in der Emilia-Romagna und Partisanen aus der Emilia-Romagna im Ausland in Case Cattalini, nördlich von Civago. Hier hatten die Partisanen im Sommer 1944 ein Lazarett eingerichtet. © Elena Pirazzoli
  • Das Denkmal von der Seite. Über der zerbrechenden Swastika ist eine Inschrift zu erkennen.
    Das Denkmal für die ausländischen Partisanen bei Case Cattalini, nördlich von Civago. © Elena Pirazzoli
  • Nahaufnahme der Figur, die das Hakenkreuz auf dem Denkmal mit der Faust zerschlägt.
    Detailaufnahme des Denkmals. © Elena Pirazzoli

Erinnerung

Quellen

In den Unterlagen des LXXV. Armeekorps, dem die Division Hermann Göring zum Zeitpunkt der Massaker unterstand, findet sich der Bericht von Loebens über die Aktion in Cervarolo und Civago am 20. März (BArch, RH 24-75/20, Bericht vom 22. März 1944). In der Akte RH 24-75/18 (S. 15 und 17) ist das Auskunftsersuchen des Ic-Offiziers Alexander zu Dohna-Schlobitten an der Division “Hermann Göring” festgehalten. Dohnas Weisung findet sich in den Anlagen des Berichts der Ic-Abteilung des LXXV Armeekorps (in RH 24-75/20, Anlage Nr. 43). 

Im Bildarchiv des Bundesarchivs befindet sich in der Sammlung Bild 101 I der Kriegsberichterstatter des Heeres und der Luftwaffe eine Serie von Aufnahmen des Fotografen Freytag (Mappe 477, Film 2106), die die Anwesenheit der Division “Hermann Göring” in den Apenninen im Frühjahr 1944 belegen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund sind mit dem Aktenzeichen 45 Js 1/04 gekennzeichnet und werden bei der Staatsanwaltschaft aufbewahrt.

Auswahl der Bibliografie

Pietro Alberghi, Morte sull'aia: prime formazioni partigiane a Reggio Emilia e Modena, Modena, Agam, 1964.

Carlo Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg. Italien 1943–1945. Schöningh, Paderborn 2012, 2015, pp. 308-312.

Lutz Klinkhammer, Zwischen Bündnis und Besatzung. Das nationalsozialistische Deutschland und die Republik von Salò 1943-1945, Tübingen, Niemeyer, 1993.

Massimo Storchi, Anche contro donne e bambini: Stragi naziste e fasciste nella terra dei fratelli Cervi, Reggio Emilia, Imprimatur, 2016.

Massimo Storchi e Italo Rovali, Il primo giorno d’inverno. Cervarolo, 20 marzo 1944. Una strage nazista dimenticata,  Roma, Aliberti Editore, 2010.

Autor*innenschaft und Übersetzung

Autor: Carlo Gentile

Übersetzt aus dem Italienischen durch: Antonia Frinken

© Projekt "Die Massaker im besetzten Italien (1943–45) in der Erinnerung der Täter“

2023

Text: CC BY NC SA 4.0

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