Ein Schwarz-Weiß-Porträt von Helmut Looß: Er trägt seine Uniform ohne Mütze. Sein Kragenspiegel weist ihn als Hauptsturmführer aus. Er schaut nicht direkt in die Kamera.
Helmut Looß im Frühjahr 1940 im Rang eines Hauptsturmführers des SD. Er wurde Ic-Offizier der 16. SS-Panzer-Grenadier-Division ”Reichsführer-SS”. © BArch, R 9361-III/121436

Helmut Looß

* "31 Mai 1910" – Eisenach
† "25 November 1988" – Lilienthal bei Bremen

Helmut Looß war ab 1944 Ic-Offizier der 16. SS-Panzer-Grenadier-Division "Reichsführer-SS" in Italien. In dieser Rolle war er aufgrund seiner vorherigen Erfahrungen an der Ostfront für die Partisanenbekämpfung zuständig und erhielt weitreichende Handlungsfreiheit. Er war an zahlreichen Massakern beteiligt, unter anderem am Monte Sole, in Sant’Anna di Stazzema, Valla und Vinca.  

Der 1910 geborene Looß wuchs in einem völkisch und antisemitisch geprägten Umfeld auf, das die Weimarer Republik ablehnte. Bereits während seines Studiums trat er in die NSDAP und die SS ein. Mitte der 1930er Jahre hielt er Vorträge zu "Rassefragen" und engagierte sich in neuheidnischen und antichristlichen religiösen Bewegungen. 1936 wurde er beim Sicherheitsdienst der SS (SD) eingestellt, der 1939 im Reichssicherheitshauptamt (RSHA) aufging. Ab Ende 1942 war Looß an der Spitze eines Sonderkommandos für gewaltsame Aktionen gegen Partisanen sowie jüdische und nicht-jüdische Zivilpersonen verantwortlich. 

Zum Kriegsende tauchte er unter und baute sich unter falschem Namen ein bürgerliches Leben als Lehrer auf. In den 1960er Jahren wurde gegen ihn im Zusammenhang mit den Aktivitäten des RSHA an der Ostfront ermittelt, aber seine Straftaten galten als bereits verjährt.

Nationalität
deutsch
Formation
Reichswehr (1931-1934)
SS und SD (1933-1945)
Eintritt in die NSDAP
1934 (Mitgliedsnummer 4.863.389)
Streitkraft
SD
Einheit
BdS Kiev, BdS Minsk, Einsatzgruppe B
16. SS-Panzergrenadier-Division "Reichsführer-SS"
Dienstjahre
1943 – 1945
SS-Sturmbannführer (9 November 1944 SS-Obersturmbannführer)
Feldzüge und Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg
Ostfront
Besatzung Italiens (1944-1945)
Bestätigte Massaker

Sant’Anna di Stazzema
Valla
Vinca
Certosa di Farneta
Monte Sole

Nachkriegszeit

In zahlreichen Verfahren als Zeuge vernommen

1965-1969: Gerichtsverfahren in Bremen

1968-1971: Zivilklage, Suspendierung als Lehrer und Entzug der Verbeamtung

 

Ausbildung und Kriegserfahrung

Looß’ Einsatz an der Ostfront ab dem 28. Dezember 1942 war der Einstieg in eine Gewaltkarriere. Er war mit der Praxis des nationalsozialistischen "Rassen- und Volkstumskampfes" noch nicht in direkte Berührung gekommen, integrierte sich als überzeugter Nationalsozialist jedoch ohne Schwierigkeiten in die Mordmaschinerie.

Beteiligung an Massakern an Zivilisten

Looß’ Ankunft im Kommando der Division "Reichsführer-SS" beschleunigte deren Radikalisierung im Sommer 1944. Er setzte seine Erfahrungen aus dem Krieg an der Ostfront im Kampf gegen die Partisanen in Italien ein und spielte eine zentrale Rolle bei den Massakern der Division.

Zu den Bildern

Helmut Looß kann als Beispiel für einen nationalsozialistischen Intellektuellen gelten. Er befasste sich besonders mit religiösen und mystischen Aspekten der ideologischen Erziehung des “deutschen Volks”. Zwei von Looß' Vorträgen zu dieser Thematik wurden in den 1930er Jahren vom völkischen Drei-Adler-Verlag in seiner Heimatstadt Eisenach veröffentlicht. In "Der Glaube des deutschen Arbeiters" von 1938 plädiert Looß für eine Abkehr von christlichen Vorstellungen des Weiterlebens im Paradies nach dem Tod zugunsten von nicht-christlichen Traditionen, Mythologien, Märchen und Heldengeschichten. Er erklärt, dass der deutsche Glaube in der Natur und im Volk verwurzelt sei, und betont den Unterschied zum Christentum, das das irdische Leben und die Arbeit als Strafe ansieht. Looß unterstreicht die Abkehr des deutschen Volkes von der Kirche.

Die folgenden Bilder zeigen die Personalbeurteilung Looß’ im November 1944, unterzeichnet von SS-Gruppenführer Max Simon, Kommandeur der 16. SS-Panzer-Grenadier-Division "Reichsführer-SS", der an dieser Stelle äußerte: "[Looß] zeigte sich auch im italienischen Bandenkampf als umsichtiger Führer und erzielte ausgezeichnete Erfolge".

Schließlich ein Foto, das Helmut Looß in den ersten Kriegsmonaten in Zivil zeigt. Das Foto war seinem Antrag auf Heiratserlaubnis beigefügt, den er im April 1940 beim Rasse- und Siedlungshauptamt der SS stellte. Die Heirat fand im August 1940 in Potsdam statt.

  • Das Deckblatt der Schrift "Der Glaube des deutschen Arbeiters" von Helmut Looß. Der Titel ist in Frakturschrift gehalten, ebenso wie der untenstehende Name des Drei-Adler-Verlags, in dem das Buch erschienen ist.
    Umschlag der Schrift “Der Glaube des deutschen Arbeiters”. © Privatarchiv Carlo Gentile
  • Die Dienstbeurteilung für Helmut Looß von 1944 gibt Aufschluss über seine körperliche und geistige Verfassung, sein Verhalten, seine ideologische Einstellung sowie sein Gebaren im Kampf. Seine Vorgesetzten bewerten Looß' Eigenschaften ausschließlich positiv und bezeichnen ihn als überzeugten Nationalsozialisten von überdurchschnittlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten mit weitreichender Erfahrung in der Bekämpfung von Partisanen.
    Helmut Looß' Dienstbeurteilung im November 1944, unterzeichnet von Max Simon. © BArch, R 9361-III/541071
  • Eine Ganzkörperaufnahme von Helmut Looß in Schwarz-Weiß: Er trägt einen dunklen Anzug mit Krawatte, jedoch ohne Hut. Looß steht gerade vor der Kamera und blickt den Fotografen direkt an. Im Hintergrund ist eine Parklandschaft zu erkennen.
    Helmut Looß in Zivilkleidung in den ersten Monaten des Krieges. © BArch, R 9361-III-121436

Die Nachkriegszeit

Mit großem Geschick gelang Looß die Verschleierung seiner NS-Vergangenheit und er entging dem Entnazifizierungsprozess.

Quellen

Hauptquellen für die Rekonstruktion der Militärlaufbahn und der Biografie von Helmut Looß bis 1945 sind die Personalakten, die im Bundesarchiv in Berlin aufbewahrt werden (R 9361-III-541071 und R9361-III-121436). Seine politisch-religiösen Jugendschriften Fest- und Feiergestaltung im deutschen Raum und Der Glaube des deutschen Arbeiters (beide Eisenach, Drei-Adler-Verlag, 1938) sind in Deutschland in der Nationalbibliothek Leipzig, der Bayerischen Staatsbibliothek München und der Staatsbibliothek Berlin zu finden. 

Für seine Tätigkeit an der Ostfront und in der Nachkriegszeit siehe die gegen ihn eröffnete Personalakte und die verschiedenen Verfahren, die im Bremer Staatsarchiv aufbewahrt werden: Personalakte in Bestand 4,111 Pers. - Senator für das Bildungswesen, Personalakten. Das Strafverfahren gegen ihn wegen der Tätigkeit des Sonderkommandos 7a befindet sich in Bremen und Ludwigsburg (BArch B 162/25501). 

Auswahl der Bibliografie

Wolfgang Dierker, Himmlers Glaubenskrieger. Der Sicherheitsdienst der SS und seine Religionspolitik 1933-1941, Paderborn, Ferdinand Schöningh Verlag, 2002.

Carlo Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943-1945, Paderborn, Schöningh, 2012, S. 313-317.

Joachim Staron, Fosse Ardeatine und Marzabotto. Deutsche Kriegsverbrechen und Resistenza. Geschichte und nationale Mythenbildung in Deutschland und Italien (1944-1999), Paderborn u.a., Schöningh, 2002, S. 82, 94, 108, 208, 279f.

Michael Wildt, Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, Hamburg, Hamburger Edition, 2002.

Autor*innenschaft und Übersetzung

Autor: Carlo Gentile

Übersetzt aus dem Italienischen durch: Giulia Gostoli

© Projekt "Die Massaker im besetzten Italien (1943–45) in der Erinnerung der Täter“

2023

Text: CC BY NC SA 4.0

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