Vallucciole

Hinter einer mit Gras bewachsenen Steinmauer stehen drei zweistöckige Häuser aus demselben Stein hintereinander. Im Hintergrund sind Bäume zu sehen.
Verlassene Häuser in Vallucciole. © Elena Pirazzoli

13 April 1944 , Vallucciole, Monte di Gianni, Serelli, Molino di Bucchio, Giuncheto (Teile von Pratovecchio Stia, Arezzo, Toscana)

Bei einer Partisanenbekämpfungsaktion am Monte Falterona griffen Soldaten der Division "Hermann Göring" den Weiler Vallucciole an und töteten über hundert Zivilisten, vor allem Frauen und Kinder. Mussolini richtete später ein förmliches Ersuchen um Erklärung an den deutschen Botschafter Rahn. Die disziplinarische Untersuchung durch die Wehrmacht blieb jedoch konsequenzlos.

Verantwortliche Einheit

Fallschirm-Panzer-Aufklärungs-Abteilung “Hermann Göring”, Fallschirm-Panzer-Regiment “Hermann Göring”, Gendarmerie-Hauptmannschaft Toskana, Soldaten der RSI

Täter

Rittmeister Kurt-Christian von Loeben, Kommandeur der Fallschirm-Panzer-Aufklärungs-Abteilung “Hermann Göring”

Opfer

107 

Untersuchungen und Prozesse

Januar 1945: Ermittlungen des britischen SIB 

1948-1950: Prozess gegen General Wilhelm Schmalz vor dem Militärgericht Florenz, Freispruch am 12.07.1950 vor dem Militärgericht in Rom

2000er Jahre: Verfahren vor dem Militärgericht von La Spezia, dann vor dem Militärgericht von Verona enden mit sechs Urteilen zu lebenslanger Haft (06.07.2011). Zwei Urteile wurden 2014 vom Berufungsgericht in Rom für nichtig erklärt.

2004-2015: Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dortmund

 

Streitkräfte
Wehrmacht
Eine Luftaufnahme in Schwarz-Weiß zeigt die Gegend um Vallucciole nach dem Massaker. Rechts im Bild sind die Grundmauern einiger zerstörter Häuser zu erkennen. Darum herum erstrecken sich Felder und Wege.
Vallucciole und der Friedhof. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography

Das Massaker

Das Massaker von Valluccciole konnte ausschließlich mittels der Berichte der Rettungskräfte rekonstruiert werden, da es keine Überlebenden gab.

Im Sommer 1944 überflogen alliierte Aufklärer auf der Suche nach Stellungen der Wehrmacht entlang der Goten-Linie die Häuser von Vallucciole, die im April durch die Division Hermann Göring zerstört worden waren.

  • Die Luftaufnahme in Schwarz-Weiß zeigt einige zerstörte Gehöfte und Ortschaften, die durch Wege miteinander verbunden sind. Zwischen den Häusern erstrecken sich Felder, die von kleinen Waldstücken unterbrochen werden.
    Die Gebäude in den Weilern von Vallucciole sind noch nicht wiederhergestellt, aber die Arbeit auf den Feldern wurde bereits wieder aufgenommen. Von links: Serelli, der Friedhof, Vallucciole und Monte di Gianni. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography
  • Eine Ansammlung zerstörter Häuser ist in der Mitte dieser Luftaufnahme in Schwarz-Weiß zu sehen. Vier kleine Wege führen durch die Felder auf die Ortschaft zu. Die wahrscheinlich von beschädigten alliierten Bomben verursachten Krater sind am unteren Bildrand zu sehen.
    Monte di Gianni, Sommer 1944. Die Krater der Explosionen am Boden in geringer Entfernung von den Häusern wurden wahrscheinlich durch den Notabwurf beschädigter alliierter Bomber verursacht. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography
  • Im Zentrum dieser Luftaufnahme in Schwarz-Weiß sind oben und unten jeweils ein zerstörtes Haus mit abgedecktem Dach zu erkennen. Darum herum erstrecken sich Felder, Waldstücke und Feldwege.
    Molino di Bucchio, am anderen Lauf des Arno. Hier kam es zwei Tage vor dem Massaker zu einem Zusammenstoß zwischen deutschen Soldaten und Partisanen. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography
  • Eine weitere Luftaufnahme in Schwarz-Weiß: Sie zeigt die Häuser von Serelli, in der oberen linken Ecke des Bildes.
    Die Häuser von Serelli. Das Dorf ist seit 1992 wegen eines Erdrutsches verlassen. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography
  • In der rechten Bildhälfte sind die Häuser des Weilers Serelli mit abgedeckten Dächern nach dem Massaker zu sehen.
    Die Häuser von Serelli ohne Dächer nach dem Massaker. © US NARA - Record Group 373 - Aerial Photography

Das Bild zeigt eine Gruppe deutscher und italienischer Offiziere und Soldaten während einer Pause beim Einsatz am Monte Falterona im April 1944. Es wurde wahrscheinlich von einem deutschen Soldaten aufgenommen, der in Stia stationiert war. Als der Soldat den Film zur Entwicklung zum Fotografen Pietro Ghelli brachte, erkannte dieser seine Bedeutung und bewahrte einige der Bilder auf, um sie später den britischen SIB-Ermittlern zu übergeben. Das Bild wurde an die italienische Militärjustiz weitergeleitet und schließlich im Prozess gegen General Wilhelm Schmalz im Jahr 1948 und dann in den jüngsten Militärgerichtsprozessen in La Spezia verwendet.

Eine Gruppe uniformierter Soldaten steht in einer hügeligen Landschaft. Die meisten sind im Profil fotografiert und schauen nicht in die Kamera. In der rechten Bildhälfte haben sich zwei Soldaten dem Fotografen zugewandt. Ein Dritter steht in der Mitte und schaut direkt in die Kamera.
Eine Gruppe deutscher Offiziere und Soldaten der Garnison in Stia mit Italienern der RSI während einer Pause bei den Aktionen am Monte Falterona im April 1944. Die deutschen Soldaten gehörten zu einer Transport-Abteilung, die die OT-Baustelle am Mandrioli-Pass versorgte. © Militärstaatsanwaltschaft Rom
Lediglich die Plünderung von Stia, nicht aber das Massaker von Vallucciole, wurde den Truppen angelastet. Aufgrund des Kriegsgerichtsbarkeitserlasses von 1941, der die Verfolgung von Soldaten für Ausschreitungen im Rahmen der Partisanenbekämpfung untersagte, wären Ermittlungen, Verfahren oder gar Verurteilungen undenkbar gewesen.

Ermittlungen und Prozesse

Im Jahr 2000 wurden die Ermittlungen zum Massaker von Vallucciole von der Staatsanwaltschaft Dortmund fortgesetzt. Die Militärstaatsanwaltschaft in La Spezia nahm die Ermittlungen wieder auf und der Prozess fand am 6. Juli 2011 vor dem Militärgericht in Verona statt.

Erinnerung

Quellen

Einige Hinweise auf die Operationen im Gebiet des Monte Falterona finden sich in den im Bundesarchiv in Freiburg aufbewahrten Dokumenten der Armeeabteilung von Zangen (BArch, RH 24-87/39 und 40, sind die Anhänge zum Kriegstagebuch) und des Armeekorps LXXV (RH 24-75/2, Kriegstagebuch des Operationsbüros und RH 24-75/20, Anhänge zum Bericht über die Aktivitäten der Abteilung Ic). In letzterem enthält das Dokument Nr. 62 Angaben über die bei den Massakern von Vallucciole und Partina getöteten Partisanen, das Beutegut und die bei diesen Operationen zerstörten Dörfer. Bei der Partisanenbekämpfung wurde damals auch eine gemischte deutsch-italienische Kampfgruppe unter dem Kommando von Major Freyer im Sperrdienst eingesetzt. In den Unterlagen der Korpsgruppe Witthöft (RH 24-73/8 und RH 24-73/11), aus der die Gruppe hervorging, können die Vorbereitungen und die Befehlskette der Operationen am Monte Falterona nachvollzogen werden. Die Dokumente der britischen Ermittlungen sind in London zu finden (The National Archives, WO 204/11488). Die Memoiren von Oberleutnant Wolfgang Bach, tragen den Titel Vom Garigliano zur Weichsel: Meine Zeit als Chef der schweren Kompanie der Fallschirm-Panzer-Aufklärungs-Abteilung 'Hermann Göring', 12. November 1943 bis 31. August 1944, und wird im Bundesarchiv in Freiburg aufbewahrt (BW 57/346).

Auswahl der Bibliografie

Carlo Gentile, La divisione Hermann Göring in Toscana, in Gianluca Fulvetti, Paolo Pezzino (a cura di), La politica del massacro, Napoli, l'ancora del mediterraneo, 2006, pp. 213-240.

Carlo Gentile, Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943-1945, Schöningh, Paderborn, 2012, S. 28, 129, 312-319.

Luca Grisolini, Vallucciole, 13 aprile 1944 : storia, ricordo e memoria pubblica di una strage nazifascista, Consiglio regionale della Toscana, Firenze, 2017.

Autor*innenschaft und Übersetzung

Autor: Carlo Gentile

Übersetzt aus dem Italienischen durch: Antonia Frinken

© Projekt "Die Massaker im besetzten Italien (1943–45) in der Erinnerung der Täter“

2023

Text: CC BY NC SA 4.0

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